Das Wort Bin Ich

Das Buch Judit

Lutherbibel von 1912 mit Apokryphen

- Kapitel 7 -

Holofernes belagert Bethulia. Die Bedrängnis der Belagerten

1
Des andern Tages gebot Holofernes seinem Kriegsvolk, daß man auf sein sollte wider Bethulia.
2
Und er hatte hundertundzwanzigtausend zu Fuß und zwölftausend zu Roß, ohne den Haufen, den er gewählt hatte an jedem Ort, wo er ein Land eingenommen hatte.
3
Dieses Kriegsvolk rüstete sich alles wider die Kinder Israel; und sie lagerten sich oben auf den Berg gegen Dothaim, von Belma an bis gen Chelmon, das da liegt gegen Esdrelom.
4
Da nun die Kinder Israel das große Volk der Assyrer sahen, fielen sie auf die Erde, und legten Asche auf ihre Häupter, und baten alle zugleich, daß der Gott Israels seine Barmherzigkeit erzeigen wollte über sein Volk.
5
Und sie rüsteten sich mit ihren Waffen, und legten sich in die Orte, die zu den engen Wegen im Gebirge führen, und bewahrten sie Tag und Nacht.
6
Da aber Holofernes umherzog, merkte er, daß außerhalb der Stadt gegen Mittag ein Brunnen war, welcher durch Röhren in die Stadt geleitet war. Diese Röhren hieß er abhauen.
7
Und wiewohl sie nicht fern von der Mauer kleine Brünnlein hatten, da sie heimlich Wasser holten, so war es doch kaum so viel, daß sie sich damit laben konnten.
8
Darum kamen die Ammoniter und Moabiter zu Holofernes und sprachen:
9
Die Kinder Israel wagen nicht, sich gegen uns zu wehren, sondern halten sich auf in den Bergen und Hügeln, darunter sie sicher sind.
10
Darum laß nur die Brunnen verwahren, daß sie nicht Wasser holen können, so müssen sie ohne Schwert sterben, oder die Not wird sie dringen, daß sie die Stadt übergeben müssen, davon sie meinen, daß sie nicht zu gewinnen sei, weil sie in den Bergen liegt.
11
Dieser Rat gefiel Holofernes und seinen Kriegsleuten wohl, und er legte je hundert zu jeglichem Brunnen.
12
Da man nun zwanzig Tage die Brunnen verwahrt hatte, hatten die von Bethulia kein Wasser mehr, weder in Zisternen noch sonst, daß sie einen Tag länger noch Notdurft haben möchten; und man mußte täglich den Leuten das Wasser zumessen.
13
Da kam Weib und Mann, jung und alt, zu Osias und den Ältesten, klagten und sprachen: Gott sei Richter zwischen euch und uns, daß ihr uns in solche Not gebracht habt damit, daß ihr nicht wolltet mit den Assyrern Frieden machen; so hat uns nun Gott in ihre Hände gegeben,
14
und wir haben keine Hilfe, sondern müssen vor ihren Augen vor Durst verschmachten und jämmerlich umkommen.
15
Darum fordert das Volk zusammen, daß wir uns dem Holofernes willig ergeben.
16
Denn es ist besser, daß wir uns ergeben und am Leben bleiben, und also Gott loben, denn daß wir umkommen, und vor aller Welt zu Schanden werden, und sehen sollen, daß unsre Weiber und Kinder so jämmerlich vor unsern Augen sterben müssen.
17
Wir bezeugen heute vor Himmel und Erde und vor unsrer Väter Gott, der uns jetzt straft um unsrer Sünden willen, daß wir euch gebeten haben, die Stadt dem Holofernes zu übergeben, daß wir lieber durchs Schwert alsbald umkämen, und nicht so lange vor Durst verschmachteten.
18
Da ward ein großes Heulen und Weinen im ganzen Volk etliche Stunden lang, und sie schrieen zu Gott und sprachen:
19
Wir haben gesündigt samt unsern Vätern, wir haben übel gehandelt und sind gottlos gewesen.
20
Aber du bist barmherzig, darum sei uns gnädig, oder strafe du selbst uns; und dieweil wir dich bekennen, übergib uns nicht den Heiden, die dich nicht kennen, daß sie nicht rühmen: Wo ist nun ihr Gott?
21
Da sie nun lange geschrieen und geweint hatten, und es ein wenig still geworden war, stand Osias auf, weinte und sprach:
22
Liebe Brüder, habt doch Geduld, und laßt uns noch fünf Tage der Hilfe erharren von Gott,
23
ob er uns wolle Gnade erzeigen und seinen Namen herrlich machen.
24
Wird uns diese fünf Tage nicht geholfen, so wollen wir tun, wie ihr gebeten habt.